Lesung
Eine Hungersnot besonderer Art sagte der Prophet Amos seinem Volk voraus, einen Hunger nach Gottes Wort. Er prophezeit es einem Volk, das im Wohlstand lebt und seine Religion durchaus praktiziert.
Amos 8,11-12: Siehe, es kommt die Zeit, spricht Gott der HERR, dass ich einen Hunger ins Land schicken werde, nicht einen Hunger nach Brot oder Durst nach Wasser, sondern nach dem Wort des HERRN, es zu hören; dass sie hin und her von einem Meer zum andern, von Norden nach Osten laufen und des HERRN Wort suchen und doch nicht finden werden.
200 Jahre später in der Zeit, in der das Volk Israel fern der Heimat sich in babylonischer Gefangenschaft befindet, tritt ein anderer Prophet auf mit Namen Jesaja. Er verkündet, dass das Wort Gottes kommen wird.
Jesaja 55,6-11: Suchet den HERRN, solange er zu finden ist; ruft ihn an, solange er nahe ist. Der Gottlose lasse von seinem Wege und der Übeltäter von seinen Gedanken und bekehre sich zum HERRN, so wird er sich seiner erbarmen, und zu unserm Gott, denn bei ihm ist viel Vergebung. Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR, sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken. Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und lässt wachsen, dass sie gibt Samen zu säen und Brot zu essen, so soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende.
Predigt [1]
Die meisten kennen das Gleichnis vom Sämann. Jesus hat es mal erzählt. Er bringt den Samen auf sein Land, aber nicht alles geht auf und trägt Frucht.
So scheint es mit Gottes Wort in unserer Welt auch zu sein. Unwirksam – fruchtlos – weil kaum noch ein Wort der Bibel unsere Ohren oder gar unsere Herzen erreicht!
Eine Mutter sagte einmal, wenn ich etwas vor den Kindern und meinem Mann verstecken will, dann muss ich es nur in die Bibel legen, dort schaut bestimmt keiner rein.
Hat Gottes Wort uns heute nichts mehr zu sagen? Wir wollten es wissen von jungen Menschen aus unserer Region und so schrieben wir den ersten „Jugend-predigt-Wettbewerb“ aus.
Sie haben die beiden Predigten gehört, die den ersten und zweiten Platz nach der Bewertung einer Jury belegt haben. Ich weiß nicht, ob diese Worte bei ihnen auf einen fruchtbaren Boden gefallen sind, ob ihnen etwas aufgegangen ist. Mir jedenfalls ist es so ergangen. Altbekannte Worte der Bibel werden auf einmal lebendig und bekommen eine neue Bedeutung.
Luca Thiele und Annika Groß haben das eigene Leben und die biblischen Texte miteinander ins Gespräch gebracht. Das hatte Auswirkungen, und zwar in zweifacher Hinsicht. Zum einen helfen die Worte und Geschichten der Bibel, das eigene Leben gleichsam von außen in den Blick zu nehmen. Wer aus der Perspektive eines liebenden Gottes auf sein Leben schaut, erkennt, wie gnadenlos wir sein können, wenn wir nach Perfektion suchen. Zum anderen eröffnet sich neben oder besser in unserer Lebenswelt eine weitere Wirklichkeit, keine Hinterwelt, sondern ein Raum, in dem Glauben möglich wird. Kann es sein, dass wir durch unsere Menschlichkeiten Gott die Möglichkeit geben sich in unserer Welt zu zeigen? Können wir es Gott oder leichter machen, in unserer Welt zu wirken? – nur eine Frage – aber eine Frage, die eine Tür öffnet, die verschlossen schien, aber nur angelehnt war.
Keine Glaubenswahrheit, die einem um die Ohren geschlagen wird, tritt uns in den Predigten der Jugendlichen entgegen, sondern ein Angebot, das einem hingehalten wird, wie ein Kleidungsstück, um zu prüfen, ob es passt. Nach dem Motto: Gott ist die Liebe, probier das mal! Ich glaube sogar, dass uns nicht nur vorsichtig eine Deutung angeboten wurde, sondern dass tatsächlich ein Prozess angestoßen wurde. Hier fällt etwas auf fruchtbaren Boden. Hier wirkt und wächst etwas. Wenn Sie sich die Frage stellen: Lohnt es sich vielleicht doch einmal in dieses dicke Buch Bibel hineinzuschauen und das nicht deshalb, weil man darin selbst etwas versteckt hat, dann wirkt es schon. Man kann es einfach so machen oder ein Begleitbuch zur Hand nehmen oder mal jemanden fragen, der sich damit auskennt. Wo es sich lohnen könnte, wo schöne Sprüche stehen oder wo es spannend wird.
738.765 Worte stecken in der Bibel, heute haben wir erlebt, wie selbst wenige von Ihnen wirken können, in Sätzen wie: „Gott ist die Liebe“ oder „Meinen Bogen habe ich in den Himmel gesetzt“.
„Und einiges fiel auf gutes Land, ging auf und wuchs und brachte Frucht, und einiges trug dreißigfach und einiges sechzigfach und einiges hundertfach.“ So geht die Geschichte von dem Sämann weiter, der den Samen ausstreut übers Land.
Wir haben schon einmal davon gehört, jetzt aber geschieht es!
Das Gleichnis bei Jesus endet ganz einfach: Wer Ohren hat zu hören, der höre!
Amen.
Pfarrer Sebastian Walde, Heinsberg
[1] Die Kirchengemeinde Heinsberg im Kirchenkreis Jülich erhielt bei ihrem Predigtwettbewerb „Jugend predigt - Hammerworte“ über 30 Einsendungen. Im Radiogottesdienst am 23. Juli auf WDR5 wurden die mit dem 1. und 2. Preis ausgezeichneten Predigten vorgetragen. Sie finden Sie auf der Homepage des Kirchenkreises Jülich www.kkrjuelich.de unter „Aktuelles“. Auf die Predigten der beiden Jugendlichen antwortete Pfarrer Sebastian mit der obigen Predigt.
„Gottes Wort
kehrt nicht wieder leer
zu ihm zurück.“ Jesaja 55
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