Liebe Leserinnen und Leser,
In der Advents- und Weihnachtszeit geraten wir öfter als sonst in Situationen, in denen wir besonders hellhörig sind für Worte, die uns berühren in einem persönlichen Gespräch oder einer überraschenden Begegnung. Diese Wochen wecken Sehnsüchte und Erinnerungen an erfüllte Zeiten in unserm Leben, erfüllt mit Wärme, mit Licht und mit Sinn. Zugleich suchen wir selbst in dieser Zeit nach den richtigen Worten, um einen anderen Menschen zu erreichen, uns mitzuteilen.
Das Motto aus Jesaja 55: „Gottes Wort kehrt nicht wieder leer zu ihm zurück“, das wir uns in unserer Region als Motto für dieses Jahr des 500-jährigen Reformationsjubiläums gegeben haben, lädt uns ein, es mit dem Wort, das Gott zu uns spricht, und den Worten, die wir finden, zu versuchen.
Gewalt, Krieg, Rassismus und Terror werden da groß und mächtig, wo wir aufhören, uns mit aller Kraft um Verständigung zu bemühen.
Ein weihnachtlicher Text aus dem Johannesevangelium weist uns eindrücklich darauf hin: Gott macht keine leeren Worte, was er verspricht geschieht und verändert die Wirklichkeit.
Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat's nicht ergriffen.
Johannes 1, 1-4
Im Anfang ist das Wort. Ein Wort gibt das andere. Wie hat das eigentlich alles angefangen?
Diese Frage treibt uns immer dann um, wenn es nicht weitergeht, wenn wir in einer Sackgasse stecken. Wo und wie hat das angefangen, dass ich mich verändert habe, meine Träume und Wünsche aufgegeben habe? Wann fing das an, dass wir uns auseinander lebten, keine Zeit mehr füreinander fanden? Wo war der Punkt, an dem ich mich zurückgezogen habe in meine Arbeit, in meine Erinnerung, in mein Eigenleben? Wer hat begonnen mit dem Streit, mit dem Rechthaben, mit den Beschuldigungen und dem Misstrauen?
Was ist los mit uns in einer Zeit beispielloser Hasstiraden im Internet und live, in einer Zeit der Kriegstreiberei, des Terrors und der Gewalteskalation? Wohin treiben wir, wenn manche wieder nach starken Männern fragen, die ein Machtwort sprechen. Johannes beschönigt unsere Situation nicht, er spricht von Finsternis, von einem Leben an Gottes Licht und Güte vorbei. Und doch gilt:
Gott lässt uns nicht allein in unserer Ratlosigkeit, unserer Rechthaberei und unseren Schuldzuweisungen.
Er selbst setzt den Anfang für unser persönliches Leben und für den ganzen Erdkreis. Am Anfang ist das Wort – jeden Tag neu. Gott ist noch nicht am Ende mit uns. Er widerspricht uns, wenn wir meinen, fertig zu sein, miteinander und mit dem Leben.
Am Anfang von allem steht nach dem Johannesevangelium nicht das Naturgesetz, nach dem der Stärkere überlebt. Gott beginnt mit uns nicht so, dass er sagt: „Hier hast du dein Leben und jetzt lauf und gewinne!“
Am Anfang stehen nicht Gottes hohe Erwartungen an uns, sondern sein Versprechen an uns: „Ich mache den Anfang mit dir, so wie zu Beginn aller Zeiten, so auch an jedem Tag deines Lebens neu.“ So spricht Gott zu uns, so tritt er in Beziehung zu uns. Im Anfang ist das Wort. Weil er so zu uns spricht, braucht unser Leben, auch da wo es dunkel und leidvoll ist, nicht stumm zu bleiben. Gott erlöst uns aus unserer Sprachlosigkeit. Am Anfang steht dieses Miteinander-Sprechen, diese Selbst-Mitteilung Gottes.
Gott macht nicht viel Worte. Er redet nicht herum. Er kommt zur Sache. Das Wort ward Fleisch. Also keine leeren Sprachhülsen. Gottes Wort das ist kein Programm, keine Ideologie, kein Bild vom idealen Menschen und einer idealen Gesellschaft. Gottes Wort ist auch nicht der Appell an uns, Opfer zu bringen. In seinem Wort teilt Gott uns mit, wie viel er bereit ist einzusetzen; sich selbst in seinem Sohn, das Licht der Welt, gesandt in die Dunkelheiten unseres Lebens. Gott selbst macht den Anfang mit seiner ganzen Schöpfung und mit uns persönlich. Das Wort nimmt Fleisch und Blut an, wird Person. Gott wird persönlich mit uns, das ist der Anfang. Und alles, was Leben bedeuten kann, sehen wir an ihm, dem Menschensohn, Jesus Christus.
In Jesus Christus steht uns die ganze Wahrheit über uns Menschen und die ganze Fülle des Lebens vor Augen. Weil Gott uns zutraut, in unserem Leben einen Neubeginn zu wagen, deshalb können wir getrost mit Erwartung und Hoffnung in dieses neue Kirchenjahr gehen.
Der Anfang ist bereits gemacht.
Pfarrer Hans-Peter Bruckhoff
„Gottes Wort
kehrt nicht wieder leer
zu ihm zurück.“ Jesaja 55
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